Wasserstoff: Kein Allheilmittel der Energiewende
Wasserstoff ist vielseitig einsetzbar und deshalb so attraktiv. Allerdings ist er selbst keine Energiequelle, sondern muss mit viel Energie hergestellt werden. Wasserstoff ist also kein Allheilmittel der Energiewende, sondern muss als teures Luxusgut den Bereichen vorbehalten bleiben, wo Ökostrom nicht direkt genutzt werden kann.
Nur „grüner Wasserstoff“ leistet einen Beitrag zum Klimaschutz
H2 Grüner Wasserstoff
… wird durch Elektrolyse von Wasser erzeugt. Der Strom hierfür stammt ausschließlich aus erneuerbaren Energien.
H2 Grauer Wasserstoff
… wird auf Basis von fossilen Energiequellen, vor allem aus Erdgas, hergestellt. Bei der Produktion entsteht das klimaschädliche CO2. Derzeit sind rund 98 % des Wasserstoffs in Deutschland und auf der Welt „grauer Wasserstoff“. Die Herstellung einer Tonne Wasserstoff setzt rund 10 Tonnen CO2 frei.
H2 Blauer Wasserstoff
… wird ebenso erzeugt wie „grauer Wasserstoff“ – mit der Besonderheit, dass das entstehende CO2 abgeschieden und unterirdisch gespeichert wird. In der Bilanz soll der Wasserstoff so „klimaneutral“ sein. Die Speicherung von CO2 ist jedoch riskant und im großtechnischen Maßstab nicht erprobt.
Wo sollte Wasserstoff zum Einsatz kommen?
Wasserstoff lässt sich gut speichern und hat in flüssiger Form eine hohe Energiedichte. Deshalb ist sein Einsatz als Treibstoff in der Brennstoffzelle dort gefragt, wo auf kleinem Raum hohe Energiemengen mitgenommen werden müssen und es keine praktikablen erneuerbaren Alternativen gibt. Diese Sektoren sollten Vorrang haben und politisch entsprechend gesteuert werden.
In der Stahl- und Chemieindustrie gibt es oftmals keine Alternative zu Wasserstoff als Grundstoff sowie Brennstoff zur Erzeugung sehr hoher Temperaturen. Auch hier ist „grüner Wasserstoff“ gefragt.
Wo immer möglich, sollte Ökostrom direkt genutzt werden. Denn die Erzeugung von Wasserstoff braucht sehr viel Energie. Kostengünstig und nachhaltig sind ein gut ausgebauter ÖPNV sowie die Nutzung von E-Autos dort, wo Pkws unverzichtbar sind. Die Umstellung der deutschen Autoflotte auf Wasserstoff dagegen wäre sehr viel teurer und würde die Herstellungskapazitäten für „grünen Wasserstoff“ bei Weitem übersteigen. Und auch für das Heizen unserer Häuser gibt es sehr viel effizientere und sinnvollere erneuerbare Alternativen.
Mit derselben Menge Ökostrom fährt ein E-Auto dreimal so weit wie ein Wasserstoff-Auto. Der Grund: Für das Wasserstoff-Auto muss der Ökostrom erst aufwändig umgewandelt werden. Weil das viel Energie kostet, geht dabei ein Großteil der hinein gesteckten Energie für die Reichweite verloren.
Erneuerbarer Strom kann mit Power to Heat-Anlagen fast ohne Verluste in Wärme umgewandelt werden. Dies muss Vorrang haben vor der Umwandlung des Stroms in Wasserstoff und einer erneuten Umwandlung des Wasserstoffs in Wärme, denn dies ist mit hohen Umwandlungsverlusten verbunden und benötigt etwa das Doppelte an Strom.
Grundsätzlich sollte Ökostrom immer den besonders klimaschädlichen Kohlestrom ersetzen. Erst wenn das geschafft ist, ist die Produktion von Wasserstoff aus Ökostrom sinnvoll. Wasserstoff aus fossilen Brennstoffen zu produzieren wäre dagegen ein Schildbürgerstreich für den Klimaschutz.Johann-Georg Jaeger, Vorsitzender des Landesverbandes Erneuerbare Energien MV