Der finanzielle Raum: Kann es eine materielle Gleichheit in der Zukunft geben?

Der finanzielle Raum
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Der finanzielle Raum

Ungleich verteilte Vermögen und Staatsschulden - für Wirtschaft und Politik muss es neue Leitprinzipien geben, die auf finanziell und ökologisch nachhaltigen Aspekten beruhen statt auf Wachstum und kurzfristiger Krisenprävention.

Eine pessimistische Diagnose des wirtschaftlichen Ist-Zustands könnte einen angst und bange werden lassen. Die Staatsschulden nehmen zu, immer weniger Menschen besitzen immer mehr Geld und die politische Handlungsfähigkeit, um den demografischen Wandel zukunftsorientiert zu gestalten, nimmt ab. Die Statistik zeigt, dass die reichsten 10 Prozent aller Volljährigen im Jahr 2007 über 61,1 Prozent des gesamten Vermögens besaßen. Zudem beschreibt die Journalistin Julia Friedrichs im Berliner Disput, in welchem Maße das Erbe zunehmend zu einer materiellen Ungleichheit führt. Damit kann die Frage nach einer Generationengerechtigkeit auch als eine Frage nach einer möglichen Besteuerung des Erbes gelesen werden  – und als eine Frage danach, was mit diesen Steuereinnahmen finanziert werden könnte.

Berliner Disput: Wie viel Erbe ist gerecht? - Heinrich-Böll-Stiftung

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Video: "Berliner Disput: Wieviel Erbe ist gerecht?"

Erbschaften, die zu nicht selbst erarbeitetem Vermögen führen, vergrößern die Schere zwischen Arm und Reich und können zu einer starren und zementierten Gesellschaft führen. Die von Geburt an oftmals unterschiedlichen Startbedingungen hinsichtlich Bildung und Status werden teilweise durch die vererbten Güter auf lange Sicht manifestiert.

„Wenn ein neuer Generationenvertrag mit Leben gefüllt werden soll, müssen gerade die Zukunftsinvestitionen gestärkt werden.“ (Michael Thöne)

Gleichzeitig investiert der Sozialstaat vier Mal mehr Geld in die Alten als in die Jungen. Die Bildungsausgaben pro Schüler/in liegen unter dem OECD-Durchschnitt. Dabei wäre es wünschenswert, dass gerade in jungen Jahren eine gewissen Chancengleichheit aufgebaut wird. Wäre es also eine Idee, dies durch eine Erhöhung der Erbschaftssteuer zu ändern?
Jährlich werden 250 Milliarden Euro vererbt oder verschenkt. Derzeit gehen mithilfe der Erbschaftssteuer lediglich 4 bis 5 Milliarden Euro in den Staatssäckel. Würde diese Steuer nun verändert, könnte einerseits die Ungleichheit verringert und andererseits könnte das erwirtschaftete Geld in die Jugend und in die Zukunft investiert werden. Wichtig zu wissen ist, dass es nicht um Oma und ihr kleines Häuschen geht, sondern um das ‚richtige‘ Geld, wie der Wirtschaftswissenschaftler Prof. Dr. Michael Hüther im Berliner Disput mit Julia Friedrichs betont.

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Mit dem gewonnen Geld könnten verschiedene Projekte verfolgt werden. Eine Idee ist es, gerechtere Startbedingungen zu schaffen. Bei einem Bürger/innenerbe zum Beispiel würde jedem 18-Jährigen Menschen unabhängig von Herkunft und Bildung eine Finanzspritze von 60.000 Euro eine freie Gestaltung der eigenen Zukunft ermöglichen. Junge Menschen würden befähigt, auf lange Sicht mehr oder minder materiell ähnliche Bedingungen zu erreichen. Dadurch wäre gleich auf zwei Ebenen ein Ansatz gefunden, eine Aufspaltung der Gesellschaft in Arm und Reich zu reduzieren. Einerseits hätten mehr Menschen ähnliche Verdienstmöglichkeiten und andererseits würde ein Erbe nicht die Abstände vergrößern. Viele andere Varianten sind denkbar. Mit einer klugen Investitionspolitik könnte Vorsorge für die nachfolgenden Generationen getroffen werden.

Investition in Chancengerechtigkeit

Für Wirtschaft und Politik müssen neue Leitprinzipien etabliert werden, die auf finanziell und ökologisch nachhaltigen Aspekten beruhen statt auf Wachstum und kurzfristiger Krisenprävention. Investitionsfelder sind Bildung, Forschung und Entwicklung, Infrastrukturen, Einwanderung und Integration, Familienpolitik, Umwelt- und Klimapolitik. Auch wenn gesetzlich nicht festgelegt werden könnte, wohin die Einnahmen aus einer erhöhten Steuer fließen, müsste es ein politisches Einvernehmen darüber geben, dass sie für eine generationengerechte Zukunft verwendet werden.

Zu Kapitel 3: Der ländliche Raum